Jamaika-Aus: Industrie besorgt
Deutsche Industrie nach gescheiterten Sondierungsgesprächen in Sorge
Eine mögliche Jamaika-Koalition ist gestern in Berlin gescheitert. Vertreter der deutschen Wirtschaft blicken besorgt in Richtung Berlin, auch wenn sie damit rechnen, dass der Aufschwung anhält. Die Befürchtungen sind nicht unbegründet: nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen zwischen CDU/CSU, FDP und den Grünen fürchten Vertreter aus der Wirtschaft, dass Investoren verunsichert sein könnten.
Dennoch rechnen Experten damit, dass der Wirtschaftsboom in der Bundesrepublik weiter anhalten wird. Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) kommentierte die aktuelle Regierungskrise: „Es ist fatal und kein gutes Signal für Wirtschaft und Gesellschaft, dass die sondierenden Parteien nicht in der Lage waren, sich auf tragfähige Kompromisse zu verständigen, um Deutschland fit für die Zukunft zu machen.“ Die Parteien CDU/CSU, FDP und die Grünen hätten Deutschland damit einen Bärendienst erwiesen.
Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) beschreibt das Scheitern als Enttäuschung. Er befürchtet, dass Zukunftsthemen in der nächsten Zeit vernachlässigt werden.
Konkrete wirtschaftliche Folgen seien den Experten nach aber nicht zu befürchten, da die Beschäftigungszahlen weiterhin hoch sind und die Auftragslage für Unternehmen boomt. Prognosen nach zu urteilen, könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mindestens zwei Prozent im kommenden Jahr zulegen.
Minderheitsregierung oder Neuwahlen?
Wie es politisch in Deutschland nun weitergeht steht noch in den Sternen. Ob eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen wirtschaftlich gesehen die bessere Lösung ist, darüber diskutieren Ökonomen derzeit. So sieht Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Institutes einer Minderheitsregierung durchaus positiv entgegen. Der Grund: „Das größte ökonomische Risiko besteht in der wachsenden Unsicherheit über den Kurs der Wirtschaftspolitik und die Stabilität der Regierung“, so Fuest. Auch skandinavische Länder und Kanada haben in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit Minderheitsregierungen gemacht.
Anders sieht es der Präsident des Berliner DIW Marcel Fratzscher. Er glaubt, dass Neuwahlen für keine Partei erfolgversprechend seien. Fratzscher hofft, dass sich CDU/CSU, FDP und die Grünen nochmal zusammensetzen und einen neuen Versuch starten. Fratzscher sieht die Parteien in der Verantwortung, Themen wie die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland, den Klimawandel und die Einwanderungsproblematik in den Griff zu kriegen.